Vitalpin: "Be/r\gegnungen"
Wir laden euch ein, in die interessante Gedankenwelt unserer Podcast-Gäste rund um die Zukunft des alpinen Tourismus einzutauchen. Hört zu, diskutiert mit und lasst euch informieren und inspirieren.
Euer Vitalpin-Team
Vitalpin: "Be/r\gegnungen"
Neue Denkweise als Erfolgsfaktor: Tourismus ist mehr als nur Übernachtungszahlen
Medien titeln „Hamburg ist bei Touristen so beliebt wie noch nie“. Denn die Stadt eilt von einem Übernachtungsrekord zum nächsten. Tourismus bedeutet jedoch viel mehr als Übernachtungszahlen. Michael Otremba, CEO für Hamburg Tourismus, spricht über das Erfolgsgeheimnis, positive Auswirkung auf die Lebensqualität und warum die Tourismusbranche neu gedacht werden muss.
Warum sagen sieben von zehn Menschen in Hamburg, dass der Tourismus Auswirkungen auf die Lebensqualität hat?
Haben viele Themen oder Probleme, die man dem Tourismus zuordnet, einen tieferen Ursprung, wie z.B. eine verfehlte Wohnbaupolitik?
Warum sollte beim Austausch mit anderen Stakeholdern über Fehler gesprochen werden?
Im Gespräch geht es um neue Perspektiven, kulturelle Identität, Bürgerbeteiligung – und darum, warum Tourismus vor allem eines ist: eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Tourismus ist dabei immer eng mit der Lebensqualität einer Stadt verbunden. Hamburg ist eine lebendige Metropole mit 1,85 Millionen Menschen, die zugleich unglaublich grün ist und eine außergewöhnlich hohe Lebensqualität bietet. Für Otremba zieht dieses besondere Lebensgefühl – die Freiheit und Leichtigkeit der Stadt – Besucher:innen wie auch Einheimische gleichermaßen an.
Warum ihr reinhören solltet:
- Tourismus jenseits von Bettenzahlen: Warum Übernachtungszahlen nur einen Teil der Wahrheit zeigen – und wie Tagestourismus, private Unterkünfte und die wirtschaftlichen Effekte oft unterschätzt werden.
- Städtemarketing neu gedacht: Warum erfolgreiche Tourismusstrategien heute auf Dialog, Community und kulturelle Teilhabe setzen – und welche Rolle Orte wie die Elbphilharmonie spielen.
- Reisen verändert sich: Warum Reisen von Familien sorgfältiger geplant werden – und welche Auswirkungen das auf die Wertschöpfung hat.
- Blick über den Tellerrand: Warum die City Destinations Alliance versucht von Mitgliedern zu lernen und nicht nur auf die Gäste, sondern auch auf Einheimische zu schauen.
Manuel Lutz (VITALPIN) (00:00)
Hallo Michael, ich sitze hier mit dir in Bozen im Rahmen des Beam Summits und wir haben hier Zeit gefunden, einen kurzen Podcast aufzuzeichnen. Vielen Dank dafür. Sehr gerne. Du bist seit 2016 CEO für Hamburg Tourismus und als Geschäftsführer der Hamburg Marketing GmbH tätig. Aber dein Weg ist ja ein ganz spannender . Du warst ja früher mal im Sport Marketing, unter anderem hast du Borussia Dortmund begleitet und dann kamst du nach München.
Michael Otremba (00:09)
Ja, ich danke euch für die Einladung.
Ja.
Manuel Lutz (VITALPIN) (00:26)
Ist das nicht ein bisschen ein Bruch, weil es wie Mario Götze und Mats Hummel, die von Dortmund nach München kamen? Wie hat man das aufgenommen?
Michael Otremba (00:32)
Ganz spannend. Also in der Tat war der Weg einer, der mich nicht sofort in den Tourismus geführt hat, lange Jahre erstmal im Fußball gewesen und dort Fußballvereine vermarktet und zu Marken auch mit gemacht.
Und dann gab es den Schritt zum Flughafen München, dort für das Thema Marketing und Werbung verantwortlich zu sein. Und die letzten drei Jahre in dieser Zeit im Konzern habe ich mich allerdings Change-Management gekümmert. Also wie baut man die Marke Flughafen auf? Und dabei war das Branding nur, ich würde sagen, ein, zwei Prozent. Es ging vielmehr um die Frage der Kultur des Unternehmens. Es war also ein brand-driven Change-Prozess sozusagen. Und darauf ist dann offenbar auch Hamburg aufmerksam geworden. Man suchte damals einen neuen CEO für das Thema Tourismus.
Und der damalige Bürgermeister und jetzt auch damalige Kanzler Olaf Scholz hat die Idee mit vertreten, es sollte niemand sein aus Hamburg, niemand aus der Politik und niemand aus dem Tourismus, weil er glaubte, dass Dinge auch in Frage gestellt werden sollen und gestellt werden müssen. Ja, und so hat mich der Weg nach Hamburg geführt. Es ist in der Tat gar nicht so einfach, München dann nach Hamburg zu gehen und nicht
Wir bekamen eine Mail von einer Dame vom Hamburger Verkehrsverbund an dem Tag, an dem das durch die Medien ging. Headline im Hamburger Abendblatt war, "Münchner wird Tourismuschef in Hamburg". Und sie schrieb mir, lieber Herr Otremba, wir freuen uns total für Sie, aber wir machen uns auch Sorgen. Kann ein Münchner das?
Muss man nicht Raute, also HSV, Anker und Totenkopf, also St. Pauli und das Maritime sozusagen, im Herzen haben, um Hamburg in der Welt auch vermarkten zu können? Vielleicht können sie uns unsere Sorgen nehmen. Ich habe die Mail gelesen und gesagt, das ist ja ein Elfmeter ohne Torwart. Ich rufe die Dame einfach mal an und habe ihr gesagt, ich finde es toll, so eine Mail zu bekommen, weil das zeigt mir, wie sehr auch die Hamburgerinnen und Hamburger sich mit ihrer Stadt identifizieren.
Ich bin in Stade geboren und Eckernförde aufgewachsen. Man merkte ihr vielen Tonnen von Geröll fielen ihr von den Schultern. Und ich habe diese Geschichte auch bei allen Antrittsbesuchen, die man in dieser Rolle natürlich überall in Hamburg hat, auch erzählt. Und über war die Reaktion die gleiche. Wir sind eine total weltoffene Stadt. Aber zum Glück, dass du kein Münchner bist.
Manuel Lutz (VITALPIN) (02:38)
Jetzt
habe ich gleich noch eine Frage. Wenn wir über Fußball reden, was ist denn dein Verein jetzt? Ist das der HSV, ist das Pauli oder doch ein 60er vielleicht, weil du in München warst oder in Bayern?
Michael Otremba (02:48)
Nein, Bayern war es nie. Ich habe immer auf der anderen Seite des Tisches gesessen, egal ob es 1860 war oder Borussia Dortmund dann auch. Und ich kann mit beiden Hamburger Vereinen ganz gut umgehen. Ich mag die Menschen, die dort arbeiten, sehr gerne. Ich habe eine gute Freundschaft zu dem Finanzvorstand vom HSV, Eric Huwer, oder auch zu Oke Göttlich. Von daher kann ich beiden Vereinen durchaus was abgewinnen.
Manuel Lutz (VITALPIN) (03:09)
Also kommendes Jahr jedes Wochenende im Stadion, entweder bei Pauli oder beim HSV, weil sie aufgestiegen sind.
Michael Otremba (03:14)
Im Stadion nicht mehr so sehr, aber jedes Wochenende ist in Hamburg jetzt Bundesligaspieltag. Die HSV Frauen sind aufgestiegen in die erste Liga, die HSV die Männermannschaft spielt in der ersten Liga und so St. Pauli auch. Das heißt, 34 Spieltage lang führt jeder Weg in der Bundesliga nach Hamburg.
Manuel Lutz (VITALPIN) (03:27)
und kurbelt sicherlich auch den Tourismus an in der Stadt, nehme ich an.
Michael Otremba (03:30)
ist auf jeden Fall ein großes Imagethema. Also touristisch muss man mal schauen, weil auch die Stadien sind ja sowohl bei St. Pauli als auch beim HSV immer ausverkauft gewesen, auch in der zweiten Liga. Das heißt, wenn man das jetzt sich anschaut...
Mehr Gäste können da gar nicht jetzt kommen. Was sich aber natürlich ändert, ist die mediale Reichweite. Es wird viel mehr natürlich über die erste Bundesliga berichtet, egal ob über Social Media Plattformen oder Streaming-Dienste. Und damit rückt die Stadt natürlich auch noch wieder viel mehr ins Bild. Und für Hamburg ist das schon auch ein großes Image-Thema, jetzt zwei Erstligisten zu haben und vielleicht dann damit sogar Fußballhauptstadt in Deutschland zu sein mit zwei Erstligisten.
Manuel Lutz (VITALPIN) (04:07)
Das ist sehr motiviert und ambitioniert würde ich mal sagen. Aber generell, du bist jemand, der sich immer wieder auf neue Wege und neue Denkansätze fokussiert, vor allem im Tourismus. Was motiviert dich denn dazu?
Michael Otremba (04:18)
Ich finde, das ist eine unglaublich tolle Branche. bringt Menschen zusammen und Reisen ist eine der Ursehensüchte von Menschen. Die ersten Bücher, seit Schrift existiert, die ersten Bücher, die geschrieben wurden, waren letzten Endes Reiseberichte. Ich finde, dass diese Branche ganz viel Potenzial hat. Ich finde aber auch
dass wirklich noch viele Potenziale zu heben sind in dieser Branche, dass man teilweise in den Denkmustern noch wirklich in der Vergangenheit stecken geblieben ist. Woran messen wir beispielsweise unseren Erfolg? Das sind immer wieder Übernachtungszahlen in der Hotellerie. Und ich glaube, es ist vielen klar, dass das Quatsch ist. Das darf nicht das einzige goldene Kalb sein.
Und Reisen hat so viele andere Wirkungen auch in die Gesellschaft hinein, was Erziehung, was Bildung angeht, bis hin zur Demokratie. Und von daher finde ich, müssen wir die Branche und sollten wir die Branche neu denken. Es macht total Spaß, so einer hoch emotionalen Branche arbeiten zu dürfen.
Manuel Lutz (VITALPIN) (05:11)
Branchen neu denken. Man sollte sich nicht immer nur auf Übernachtungszahlen zu sehr fokussieren. Was meinst du damit genau? Das ist, glaube ich, ganz ein spannender Ansatz.
Michael Otremba (05:19)
In so einer Rolle als Tourismuschef einer Stadt hast du alle halbe Jahre eine Pressekonferenz. Und ich würde sagen, seit Gedenken werden immer wieder Übernachtungszahlensteigerungen reported und auch abgefragt. Immer wieder Übernachtungszahlensteigerungen in der Hotellerie. Jetzt wissen wir ja schon...
Menschen übernachten nicht nur in der Hotellerie, sondern bei Freunden, bei Familie, über Airbnb oder sie campen. Alleine das Thema Übernachtungszahlen ist schon vielfältiger als nur die Übernachtungszahlen in der Hotellerie. Dann kommt aber dazu, dass Tourismus abseits der Frage Heads and Bads, also wie viele Leute übernachten denn, Tourismus hat ja eine Auswirkung auf die Lebensqualität in der Stadt.
Wir haben gerade Menschen gefragt, wie sie in den Tourismus sehen, und 92 Prozent sagen, es ist ein riesengroßer Wirtschaftsfaktor für die Stadt. In Hamburg bleiben 313 Millionen Steuereinnahmen jedes Jahr durch den Tourismus in der Kasse der Stadt. Aber sieben von zehn sagen auch, der Tourismus hat eine Auswirkung auf die Lebensqualität in der Stadt. Und jeder zweite sagt sogar, der Tourismus hat eine Auswirkung auf die eigene empfundene Lebensqualität. Warum? Wir haben in Hamburg über 4.000 Restaurants.
Bars und Cafés. haben ein unglaublich breites Kulturangebot. Wir haben eine Taktung des öffentlichen Nahverkehrs. Und all das gäbe es nicht in dieser Dimension, wenn wir nicht so viele Gäste hätten. Und bei den Gästen sind noch gar nicht die 100 Millionen Tagesgäste mit dabei. Das heißt, man sieht schon da alleine, wenn man sich nur die Fakten anschaut, dass Tourismus viel mehr ist, als nur Übernachtungszahlen. Und wenn du es aber noch weiter denkst, Alexander von Humboldt hat mal gesagt, die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung derer,
die die Welt nie angeschaut haben. Und er ist dann wirklich einer der prägendsten Reisenden, die wir so hatten. Und neue Perspektiven zu bekommen durchs Reisen, sich auf neue Pfade zu begeben, neue Menschen kennenzulernen, die Welt besser zu verstehen, das sind alles Motive und Gründe, die das Reisen so besonders machen und die weit über den Wert von Übernachtungszahlen hinausgehen. Wenn du die Welt wirklich verstehen willst, musst du auf Reisen gehen.
Wenn du dich nur zurückziehst und in die Isolation zurückziehst, dann sorgt das dafür, dass deine eigene Perspektive immer enger, enger und enger wird. Das ist gerade in der heutigen Zeit etwas, was wir vermehrt erleben. Deswegen, die Leute müssen reisen, um die Welt zu verstehen, auch zu verstehen, wie andere Nationen und Völker ticken.
Manuel Lutz (VITALPIN) (07:43)
Ist das auch das Thema, vielleicht Hamburg ist eine Hafenstadt, die Menschen dort reisen viel, sind die deswegen so positiv eingestellt, weil nicht überall ist ja die Wahrnehmung für den Tourismus so positiv, wie du das schilderst. Oder war das immer schon in Hamburg so, oder ist es auch ein Trend der letzten Jahre, des letzten Jahrzehnts vielleicht, der sich entwickelt hat?
Michael Otremba (08:00)
Also sicherlich ist der Hafen Teil unserer DNA. Und ich weiß nicht, ob du schon in Hamburg gewesen bist, unser Hafen ist halt wirklich in der Stadt. Wir sehen die Schiffe vom Büro aus, die da langfahren. Und natürlich steht der Hafen für Welthandel und damit all das, was mit
Schiffsbesatzungen und Crews dann auch zu uns kommt. Und der Hafen prägt und hat diese Stadt geprägt in einer Art und Weise, dass Weltoffenheit und Freiheit einfach Teil der DNA sind. Wird der Tourismus nur positiv gesehen? Nein, natürlich nicht. Es gibt durchaus auch Diskussionen, die wir führen, weil es auch Viertel gibt, die unter dem Tourismus mal leiden können. Aber selbst wenn du so ein Viertel nimmst wie St. Pauli.
Wir diskutieren immer wieder über den Schlagermove auf St. Pauli. 300.000 Menschen, die bunt gekleidet durchs St. Pauli laufen, feiern und Marianne Rosenberg singen. Ja, man kann, wenn man dort wohnt, sagen, dass mich das nervt. Auf der anderen Seite, wenn man nach St. Pauli zieht, weiß man auch, was einen erwartet. Es spielt Subkultur eine Rolle, Clubs und Bars spielen eine große Rolle und Entertainment auch. Letzten Endes sind viele der
Themen oder Probleme, die man beim Tourismus sieht, sind vielleicht auch gar nicht so sehr touristische Probleme, sondern liegen tiefer. Also wenn du in Barcelona die Transparente nimmst, "Tourists go home". Warum? Wohnungen sind unfassbar teuer geworden in Barcelona? Ist das ein touristisches Problem oder liegt es nicht eher an verfehlter Wohnungsbaupolitik der letzten Jahre? Aber klar ist natürlich auch, dass wir aufpassen müssen, bzw. dass wir auch unsere Zielsetzung, was Tourismus angeht, und da bin ich wieder bei der Steigung der Übernachtungszahlen,
dass wir viel mehr im Dialog sein müssen mit den Bürgerinnen und Bürgern, mit den Einheimischen. Das ist eine Zielgruppe für uns, die vielleicht sogar noch wichtiger ist als der Gast selber.
Manuel Lutz (VITALPIN) (09:46)
Stichwort Übernachtungen. Ich habe gelesen, ihr habt ja 2023 einen neuen Rekord verzeichnet und 2024 soll sogar noch besser gewesen sein. Ich habe 15,9 Millionen Übernachtungen waren es 2023. Was ist denn vielleicht der Grund? Was macht man denn nun so gut? Was macht man denn noch besser, im Gegensatz zu früher, dass immer noch mehr Menschen kommen? Wie hat sich denn der Städtetourismus in Hamburg überhaupt in den letzten Jahren verändert?
Michael Otremba (10:11)
Es waren in der Tat 16,1 Millionen Übernachtungen in 2024. das, also hunderte von Gründen sozusagen, ich versuche mal die wichtigsten zu nennen. Das eine ist 2017 hat Hamburg die Elbphilharmonie eröffnet nach langer, langer Bauzeit. Und dieses Haus hat die Stadt durchaus noch mal verändert. Zum einen die Perspektive und die Bekanntheit der Stadt, aber auch die eigenen Ambitionen.
Also Hamburg hat mit der Elbphilharmonie zum ersten Mal auch ein Wahrzeichen, wo man auf den ersten Blick sagen kann, das ist Hamburg. Wenn du die Sydney Opera kennst, dann siehst du sofort an diesem ikonischen Gebilde auch, das ist Sydney, das ist Australien und für manche ist es sogar die südliche Hemisphäre, für die dieses Haus steht. Die Elbphilharmonie hat für uns eine ähnliche Kraft, die dahinter steht, weil es auf einen Blick zeigt, das ist Hamburg.
Auf der anderen Seite ist die Elbphilharmonie auch fast unhansäartisch, ich sagen. Warum? Hamburger haben ein ähnliches Selbstbewusstsein wie die Münchner, wenn es die eigene Stadt geht, aber gehen da viel zurückhaltender mit ⁓ Die Elbphilharmonie steht da und schreit jeden Tag in die Welt raus, ich will eines der drei besten Konzerthäuser der Welt sein. Sehr selbstbewusst, fast unhansäartisch, würde ich sagen. Aber das ist sicherlich ein Grund. Der zweite Grund ist, Hamburg ist nach London und New York die dritte Musicalhauptstadt der Welt.
Wir haben unfassbar starke Produktionen. Der König der Löwen läuft dort seit mehr als 20 Jahren. Jetzt ist Michael Jackson im Dezember auf die Bühne gekommen. Auch das zieht unglaublich viele Menschen an. Und was aber vor allen Dingen auch ein großer Attraktor, ein großer Anziehungspunkt ist, du hast eine Metropole.
mit 1,85 Millionen Menschen, die dort leben, die unfassbar grün ist und eine extrem hohe Lebensqualität hat. Und dieses Gefühl der Lebensqualität und auch dieses Gefühl der Freiheit, das ist glaube ich etwas, was ganz viele Menschen anzieht. Und dann hat sich natürlich auch das Marketing in der letzten Zeit verändert. Wenn man alleine sieht, das Miniatur Wunderland hat mit über 1,5 Millionen Besuchern die größte Attraktion in Deutschland. Warst du schon mal da? Noch nie. Musst du hingehen, weil die Art und Weise, wie die Gründer Frederik
und Gerrit Braun und Sebastian Drechsler, wie sie dort eine Miniaturwelt erlebbar machen, ist unfassbar. Mit einer Liebe zum Detail. Und es ist, wie gesagt, die größte Attraktion für Gäste in Deutschland. Sie haben in 2024 mussten sie mehr als einer Million Menschen leider sagen, dass sie nicht reinkommen können, weil sie keinen Slot mehr hatten. Das heißt, wenn du nach Hamburg kommst, musst du ins Miniatur Wunderland gehen. Und wenn du siehst, wie dort Marketing gemacht wird über Kooperation mit Google Street View.
Oder Sie haben Monaco jetzt eröffnet in 2024 und Prinz Albert war da mit der gesamten Familie. Marketing hat sich auch in den letzten Jahren natürlich unfassbar geändert über neue Kanäle, über TikTok, über Social Media. Das heißt, da ist auch Stadtmarketing natürlich jetzt ganz anders als früher.
Manuel Lutz (VITALPIN) (13:07)
Ich meine, natürlich mit eurem Konzerthaus, mit euren Musicals könnt ihr auch in Zukunft sehr viele Gäste anziehen, da bin ich überzeugt davon. Aber gerade in Zeiten wie diesen mit Virtual Reality, dass vielleicht auch die Menschen nicht mehr kommen, sich was anzusenden, hast du nicht diese Befürchtung, dass es vielleicht abflachen könnte in Zukunft, dass die Menschen sich sowas von daheim anschauen mit ihrer Brille und vielleicht nur noch für Events und Spektakel irgendwo hinreisen?
Michael Otremba (13:30)
Ich glaube der Schlüssel ist die Frage, ist es ein Erlebnis oder nicht. Natürlich können wir vieles von dem, was in der Welt angeboten wird, auch virtuell konsumieren und alleine zu Hause.
In einem Konzerthaus zu sein, den Saal zu erleben oder im Miniatur Wunderland zu erleben, dass das Rennen, was dort in Monaco quasi stattfindet, immer wieder neu anhand von Parametern entschieden wird und nicht immer nur das gleiche Rennen durchfährt, sondern im Miniatur Wunderland wird jeden Tag neu eingestellt, welchen Grip hat Lewis Hamilton und wie hat Verstappen geschlafen und dementsprechend ändert sich das Rennen. Und Du erlebst Dinge einfach ganz anders, wenn du da bist, wenn du sie anfassen kannst, wenn du sie riechen kannst, wenn du sie spüren kannst, wenn du die Begeisterung
deines Nachbarn erlebst oder Kinderaugen im Miniatur Wunderland. Von daher ist, glaube ich, all das, was digital dort uns jetzt hilft, ist ein Appetizer und steigert eher noch das Interesse. Aber es ersetzt in meinen Augen überhaupt nicht das Erlebnis.
Manuel Lutz (VITALPIN) (14:35)
Du bist ja nicht nur in Hamburg Tourismus tätig, sondern auch Vorstandsmitglied des Deutschen Tourismusverbandes. In Österreich, im Alpenraum, war ein bisschen eine Angst, dass der deutsche Tourist, der deutsche Gast ausbleiben könnte, weil es einfach wirtschaftlich schwere Zeiten sind. Wie nimmst du das wahr, wird sich da noch einiges verändern in der Zukunft. Müssen wir im Alpenraum hier Angst haben, dass unser bester Gast nicht mehr so häufig und so lange kommt?
Michael Otremba (14:58)
Das glaube ich nicht, weil ihr seid ja gesegnet mit einer unfassbar schönen Natur. Und wir sitzen hier in Bozen und wenn man auch das hier sieht, mit welcher, was für ein Geschenk das ist, einfach ist, diese Natur hier zu erleben, dann würde ich sagen nein. Aber wir müssen uns natürlich schon alle damit auseinandersetzen, dass das Geld im Geldbeutel knapper wird.
Und wir erleben im Moment noch, wenn wir uns die Ankünfte in Hamburg anschauen, eine Steigerung. Auch Januar, Februar 25 waren stärker als das letzte Rekordjahr 2024. Es geht also weiter. Aber auf der anderen Seite merken wir auch, das Hotel wird vielleicht in der Kategorie kleiner oder niedriger genommen. Im Restaurant sind es dann doch nicht mehr drei Gänge, sondern nur zwei Gänge. Und wenn man sich anguckt, welche Erlebnisse man dort bucht, vor Ort.
Dann schaut man auch da sehr aufs Geld. Das heißt, wir nehmen schon wahr, dass Familien viel sorgsamer damit umgehen und ihre Reise anders planen.
Manuel Lutz (VITALPIN) (15:53)
Sprich mehr Gäste, aber etwas weniger Wertschöpfung vielleicht.
Michael Otremba (15:57)
Ja, mehr Gäste, vielleicht weniger Wertschöpfung, vielleicht Fokussierung auf ja, weiter Erlebnis, aber es muss dann nicht die beste Kategorie sein.
Manuel Lutz (VITALPIN) (16:05)
Du bist auch Vorstandsmitglied der City Destinations Alliance und da geht es ja vor allem darum, lebenswerte Städte zu gestalten und Menschenstädte und Kulturen zu verbinden. Das klingt ja sehr einfach, ist aber wahrscheinlich sehr, schwierig. Wie kann das funktionieren?
Michael Otremba (16:22)
Bei City Destination Alliance oder wie wir sagen City DNA sind 120 touristische Organisationen aus ganz Europa miteinander verbunden. Von Torshauen auf den Föhrer Islands, über Ljubljana, Wien, Barcelona, Bologna, Hamburg. Und was machen wir dort? Wir tauschen uns darüber aus, wie sich Tourismus verändert jetzt, aber auch in Zukunft. Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit?
Wie kann KI den Tourismus verändern? Aber auch gerade die Perspektive, wir müssen viel mehr auf die Einheimischen schauen als nur auf die Gäste, ist etwas, was wir in dem Kreis schon seit Jahren diskutieren. Und das Tolle an dieser Alliance ist, dass wir Lösungen teilen miteinander. Und wir erzählen uns auch nicht nur, was klasse funktioniert hat, sondern wir teilen auch die Failures, also was hat so gar nicht funktioniert. Und dass die Chance zu lernen von anderen Städten, die alle auch die gleichen Herausforderungen haben,
ist super inspirierend. Das Witzige ist, dass bei 120 Tourismusorganisationen du hast nahezu 120 unterschiedliche Finanzierungsmodelle und Strukturformen und trotzdem haben wir alle die gleichen Herausforderungen und Fragestellungen. Und ich kenne keine andere Alliance oder Association, wo es so gelernt ist, dass man alles miteinander teilt.
Manuel Lutz (VITALPIN) (17:42)
Du hast gesagt, es gibt natürlich gute Beispiele oder auch Sachen, die nicht so gut gelaufen sind. Vielleicht könntest du jeweils ein positives und ein negatives Beispiel, das dir sofort in die Gedanken kommt, kurz erklären, was da passiert ist. Und vielleicht was auch interessant wäre, hier geht es um Städte. Kann man das von Städten auch auf kleinere Regionen, Ortschaften übertragen, um es auch dort zu verbessern oder ist es wirklich nur ein reines Städtethema?
Michael Otremba (18:04)
Deswegen ist es City Destinations Alliance. Also ja, Städte stehen im Vordergrund, aber auch Destinationen. Und die Herausforderung, die wir haben, also nimm den Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern, die ist in Südtirol, ist es die gleiche Herausforderung wie in Wien beispielsweise vom System her. Und die Frage, wie wir einen nachhaltigen Tourismus gestalten, ist nicht nur für Städte spannend. Von daher ganz klar Ja. Und wenn du nach guten und schlechten Beispielen fragst,
Unsere Rolle hat sich auch als städte Marketing-Destination oder städte Marketing-Organisation deutlich geändert. Früher hatten wir so über der Stadt getroht und haben uns irgendwie ein Thema rausgenommen, was wir spannend fanden, haben eine Kampagne gemacht. Heute müssen wir viel mehr Teil einer Community sein. Warum? Weil wir erst dann auch verstehen, was die Community bewegt und weil wir dann auch erst dazu kommen, überhaupt die Geschichten zu erzählen, die wirklich besonders sind.
Alles andere macht inzwischen Google und Booking und bald KI ganz generische Geschichten. Die kriegst du nur, wenn du im engen Austausch mit der Community bist. Und wir haben vor einiger Zeit eine Kultur-Tourismus-Strategie entwickelt. Hört sich jetzt erst mal relativ langweilig an, aber war für uns die Legitimation, uns mit dem Thema Kultur viel intensiver auseinanderzusetzen.
Und seitdem sind wir Teil dieser Community viel mehr in Hamburg und können dann damit auch durch den Zugang ganz andere Geschichten erzählen. Also das ist, ich, ein sehr gutes Beispiel. Ein Beispiel, wo wir noch nicht so weit sind, ist in der Tat auch der Dialog mit Bürgerinnen und Bürger. Wir befragen zwar Bürgerinnen und Bürger, wie sie den Tourismus sehen und welche Einstellungen sie dazu haben. Aber wir haben im Januar beispielsweise ein Treffen gehabt von 50 CEOs aus dem Tourismus in Europa.
Und wir haben alle die Herausforderung, vielmehr im Dialog zu sein mit Bürgerinnen und Bürgern. Aber keiner von uns hat bisher ein institutionalisiertes Format dafür. Und da müssen wir viel mehr ran, auch da zu verstehen, was bewegt denn die Hamburgerinnen und Hamburger oder die Wiener oder die Berliner und wie können wir da noch viel stärker miteinander kooperieren.
Manuel Lutz (VITALPIN) (20:04)
Das ist ein ganz, ganz wichtiges Thema für die Zukunft. Als Abschlussfrage vielleicht noch Stichwort Community. Du bist auch hier beim Beam Summit, hier geht es Community, hier geht es um Zusammenarbeit und du wirst heute hier einen ganz spannenden Panel, ein ganz spannendes Lab leiten und da geht es vor allem die neuen Formen der Weltschöpfung im Tourismus. Wie könnte denn das vielleicht für den Alpenraum aussehen? So ganz spontan, aus dem Bauch heraus.
Michael Otremba (20:29)
Das ist schwer für mich als Fischkopf sozusagen oder als Hamburger etwas dazu zu sagen. Aber natürlich steht der Alpenraum auch vor großen Herausforderungen, weil sich der Tourismus massiv ändern wird. Wir haben Freunde in München, die melden ihre Kinder gar nicht mehr für Skikurse an, weil sie sagen, perspektivisch lohnt das gar nicht. Letztendlich kann man darüber jammern. Aber ich glaube, die einzige Möglichkeit ist, sich damit auseinanderzusetzen und neue Angebote zu definieren. Und auch da wiederum die
ist so attraktiv, die Menschen werden weiterhin in die Berge kommen. Es gibt ja immer die Teilung, man ist Typ Meer oder Typ Berge. Mir sagt das Meer eher zu, Berge flößen mir Respekt ein. Und trotzdem ist die Wucht, davon ausgeht und diese Naturkraft ist atemberaubend. Von daher würde ich sagen, die Menschen werden weiterkommen, aber man wird sicherlich andere Angebote entwickeln müssen. Es wird nicht mehr alles nur auf Schnee gebaut sein können.
Manuel Lutz (VITALPIN) (21:22)
Zum Abschluss noch unser Alpenrap. Ich habe hier paar Fragen vorbereitet, um nochmal dich ein bisschen zu spüren und dich kennenzulehnen für den Zuhörer. Und wir haben jetzt sehr viel über Schnee und Fußball geredet. Was ist dir lieber Fußball oder Skifahren? Fußball. Zur Arbeit fährst du mit Öffis, dem Rad oder dem Auto?
Michael Otremba (21:39)
Mit dem eigenen Elektroauto, ja.
Manuel Lutz (VITALPIN) (21:41)
Bezahlen Bargeld oder Karte. Urlaub, lieber kurze Anreise in die Alpen oder doch weit weg an den Strand. Ich glaube du hast es schon vorweggenommen.
Michael Otremba (21:44)
Kader.
Ich bin Taucher, das fällt in den Alpen etwas schwerer.
Manuel Lutz (VITALPIN) (21:55)
Kulinarik
eine Bowl oder lieber Knödel? Proteste gegen Tourismus? Nachvollziehbar oder überzogen?
Michael Otremba (21:58)
Bowl.
Lasst uns miteinander reden.
Manuel Lutz (VITALPIN) (22:05)
Vielen Dank, Michael. Es war sehr spannend mit dir. Ich wünsche noch eine gute Zeit im Bozen.
Michael Otremba (22:09)
Ich danke euch, hat mir auch viel Spaß gemacht.